Tag 2 - Die Arglosen im Ausland
Tag 2 - Die Arglosen im Ausland
Freitag, 15. Juni 2012
Nein, wir haben das Gold nicht gefunden. Aber ehrlicherweise haben wir auch gar nicht danach gesucht. Sondern haben uns mit einem Grillteller und der dazu passenden Hopfenkaltschale zufrieden gegeben. Am nächsten Morgen dann wieder der 15-Minuten-Spaziergang zum Flugplatz. Die Entfernung war nur wenig geschwindelt.
Der Baum zeigt es uns eindeutig: Der Mai ist vorbei!
Wir sind nicht die ersten, die Tragschrauber sind bereits seit einiger Zeit am Üben. Hier am Platz wird intensiv Gyro geschult.
Noch einen letzten Blick auf das Wetter. Die Flugplanung hatten wir schon fertig. Das Flugplatztaschenbuch muß seinen Platz im Cockpit für dieses Exemplar hier räumen.
Ach ja, noch etwas Treibstoff wollen wir mitnehmen. Merke: nicht jeder Rüssel paßt in jedes Loch.
Den Rauhen Kulm lassen wir rechts liegen. Ein über 20 Millionen Jahre alter Vulkan, der nie Gelegenheit zum Ausbruch hatte.
Dieser auffällige Orientierungspunkt ist ein einfacher Wetterindikator des Flugplatzes Rosenthal. Wenn der Kulm zu sehen ist, kann man fliegen. Wir konnten den Berg vom Platz aus sehen. Und sind schon auf Strecke.
Nein, das sind keine Kratzer in der Frontscheibe.
So hoch hinaus, daß unser ROTAX Kondensstreifen malen würde, wollen wir aber auch nicht. Es geht nach Osten, also Halbkreisfläche 55.
In der Nähe von Bernstein bekommt die A93 neue Ohren.
Das Land der Tausend Teiche nennt man dieses Gebiet westlich von Tirschenreuth. Angeblich sind es mehr als 3000. Wir zählen sie nicht.
Im nächsten Jahr findet in Tirschenreuth die "kleine Gartenschau" unter dem Motto "Meine Natur in Tirschenreuth 2013" statt. Und wenn wir nun schon einmal da sind, fliege ich auf Anweisung meiner Lieblingscopilotin gehorsam eine Fotoschleife. Erst einmal sehen wir: Teiche.
Und Grün. Das paßt ja schon mal zum Motto.
Tirschenreuth selbst hat nicht einmal 10000 Einwohner, eine der kleinsten Kreisstädte in Deutschland.
Und die tausenden Teiche sind natürlich noch nicht genug. Hier ist gerade ein neuer Stadtteich am Entstehen.
Noch ein nettes kleines Städtchen, eine der ältesten Städte Bayerns. Bärnau hat seit 1343 Stadtrecht. Nun ja, München und Nürnberg gab es damals immerhin schon.
Wir hatten den Funk schon auf Prag Information umgestellt und uns gemeldet. Paß- und Zollkontrolle hatten wir vor dem Start selber gemacht. Schönes neues Europa, nicht einmal ein Flugplan ist mehr erforderlich. Nur ein paar kleine Wölkchen sind Zeuge, als wir die Grenze überfliegen.
Und das GPS natürlich auch. Die Flugplatzkennungen beginnen hier alle mit "LK". Hier hätten wir gerade Marienbad, Krizenec und Tachov zur Auswahl.
Und auch am Boden sehen wir Flugplätze. Plesnice hat eine 860m Graspiste und versorgt das Urlaubsgebiet um den Stausee Hracholusky vor den Toren Plzeňs mit Rundflügen.
So richtig mordsmäßig viele Zelte können wir aber von hier oben nicht entdecken. Aber normalerweise beginnt die Sommerurlaubssaison in Tschechien erst später. Vorerst halten dort unten nur die Hardcore-Angler die Stellung.
Wenn man genau hinschaut, erkennt man am oberen Bildrand die Piste eines Ultraleichtfluggeländes. Ist verkehrsmäßig schon sehr gut erschlossen dieser Stausee.
Nicht weit entfernt dann unser Etappenziel. Plasy. Der dortige Aeroklub ist vor allem unter Segelfliegern nicht unbekannt. Ich hatte vorher angerufen. Aber nun am Funk: Stille.
Der Motor schnurrt wie ein Bienchen. Die Besatzung fühlt sich wohl. Genügend Kraftstoff ist auch an Bord. Also sparen wir uns die Pause und fliegen weiter bis zum Tagesziel.
Zum bequemen Reisen entscheiden wir uns für eine größere Flughöhe. Wir steigen auf FL 75. Vorerst erfreuen wir uns am malerischen Stadtkern von Kralovice. Der Marktflecken gehörte im 12. Jahrhundert noch dem Kloster Plasy und wurde später zum untertänigen Städtchen erhoben. Wunderliche Sitten damals.
Entlang der Charlie-Lufträume fliegen wir einen großen Kreis um die tschechische Hauptstadt. Die Wolken unter uns, über uns blauer Himmel. Ein klein wenig unwirklich ist das Gefühl schon.
Natürlich hätten wir auch abkürzen können. Prag läßt problemlos auch solche kleinen Hüpfer wie uns in den "Charlie" hinein. Oder einfach unterhalb bleiben. Aber die große Runde bietet doch einfach viele Sehenswürdigkeiten. Zum Beispiel Rana. Dieser Berg ist unter Segel- und Gleitschirmfliegern wohlbekannt.
In Litoměřice mündet die Ohře in die Elbe. Das kleine Flüßchen kommt auch aus Bayern. Genauer gesagt aus dem Fichtelgebirge. Dort heißt es noch Eger. Spannend ist die Frage, ob wir mit einem Paddelboot auch so weit gekommen wären, und wie lange es gedauert hätte...
Schloß und Park Ploskovice verstecken sich inmitten von Wäldern und Feldern. Von hier oben ausgezeichnet zu besichtigen.
Langsam kommen wir unserem Ziel näher. Wir haben uns von Prag Information verabschiedet, Gas herausgenommen und sinken. Auf der 123.6 bekommen wir prompt Antwort. Vor uns die ehemalige Textilfabrik von Josefův Důl (Josephsthal). Seit 1999 dreht sich in diesem traditionsreichen Betrieb kein Rad mehr.
Aber hier. Zumindest ich denke bei Mladá Boleslav automatisch an diesen Automobilhersteller. Der nebenbei mit dem Ereignis, was uns jetzt hierher führt, auf verschiedenerlei Weise zu tun hat.
Mladá Boleslav ist über 1000 Jahre alt, geprägt wurde die Stadt aber im wesentlichen durch die Industrie des 19. und 20. Jahrhunderts. Das merkt man nicht zuletzt an der Architektur.
Die Altstadt ist wunderschön restauriert und sehenswert.
Natürlich hat so eine alte tschechische Stadt eine Burg.
Diese hier ist ursprünglich aus dem 10. Jahrhundert. Nachdem sie nach dem Dreißigjährigen Krieg in den Besitz der Stadt gefallen war, ging es mit dem Gemäuer abwärts. Im 18. Jahrhundert zu einer Kaserne umgebaut, mußte sie bis 1953 Militärdienst leisten. Danach war es nicht viel besser, die Räume dienten bis 1972 als Textillager. Heute ist dort ein Museum.
Der Aeroklub Mladá Boleslav betreibt einen wunderschönen Platz mit zwei kreuzenden Grasbahnen. Ideale Bedingungen auch für große Flugzeuge. Wir landen.
Auf dem Platz ist eine sehenswerte Sammlung von historischen Flugzeugen und fliegenden Nachbauten stationiert, die in den nächsten Tagen im Mittelpunkt unseres Interesses stehen werden.
Während sich meine Lieblingsfotografin sofort ihrem Fotografiervergnügen widmet, gelingt es mir ...
... einen Hangarplatz zu ergattern.
Anlaß unserer Reise ist der 9. dobový letecký den. Ein traditioneller Volksfestflugtag.
Für uns klang der zweite Reisetag aus mit Grill, Bier und Musik. Urlaub.