Heute hier, morgen dort
Heute hier, morgen dort
Donnerstag, 7. August 2014
Das ist nicht nur ein Lied, welches manch einer gar lieblich auf der Gitarre zu schrammeln weiß, sondern auch das Motto unser Urlaubsreise. Fliegen wir doch einfach dahin, wohin uns GAFOR treibt.
Ein wenig genauer hatten wir es schon geplant, aber wie das mit Plänen so sein kann, kommt es manchmal anders, als man denkt.
Zur Sicherheit haben wir uns alle möglichen ICAO-Karten eingepackt, das Fliegertaschenbuch aktualisiert, der Golf-Delta eine besonders sorgfältige Wartung gegönnt. Und dann eine Reisetasche gepackt. Meine fabelhafte Lieblingsreisebegleitung hat mich später einige Male damit überrascht, was da so alles hinein gepaßt hatte. Aber dazu später vielleicht mehr. Erst einmal machen wir uns in Jesenwang startbereit. Das Wetter im Rücken ist nicht fliegbar, die Alpen müssen sich also noch ein wenig gedulden. Der Weg nach Norden sollte aber fliegbar sein, ein paar Schauer sind angedroht, aber wir sind ja nicht aus Zucker.
Auf geht’s, wer mag darf mitkommen!
Wir starten auf der 07. Gerade noch rechtzeitig. Von Norden nähern sich dunkle Wolken. Im Osten ist der Weg frei. Hier wird gerade ein Luftfahrthindernis gepflanzt. Oder auch ein Orientierungspunkt, wenn man es aus einer anderen Perspektive betrachtet.
Wir verlassen die Platzrunde nach Norden und umkurven den ersten Schauer. FIS empfiehlt uns, östlich von Augsburg zu bleiben. Wir hatten kurz vor dem Start noch einmal das Radarbild befragt. Der dicke schwarze Klotz zieht recht schnell ostwärts, dahinter sollte sich eine Lücke für unseren Weg nach Norden öffnen. Wir trauen uns.
Der Lech transportiert schmutzigbraunes Irgendwas in Richtung Donau.
Sehenswürdigkeit, oder besser Fotografierwürdigkeit liegt im Auge der Fotografin. Der Lechkanal und das Wasserkraftwerk auf dem letzten Bild entstanden um 1900. Die Stadt Gersthofen und das Hoechst-Werk profitierten davon. Heute schaut es aus der Luft nicht ganz so rosig aus, aber wahrscheinlich täuscht da die Perspektive. Interessante Industriearchitektur ist es aber trotzdem.
Der Trick mit dem Schauer-Umfliegen klappt nicht immer. Ja, die Wetterberatung hatte gesagt, in Schauern reduzieren sich die Sichten. Am Horizont wird es aber heller.
Interessante Wolkenformationen gilt es zu umfliegen. Was sich da wohl für ein Turm eingelagert hat?
Zu Binswangen hab ich auch bei längerem Suchen nicht viel Bemerkenswertes gefunden. Außer vielleicht, daß man sich dort am Bau dreieckiger Häuser versucht ...
Wenig später erreichen wir die Donau. Und wirklich, das Wetter wird besser.
Diesen Wölkchen kann man leicht ausweichen. Und sogar der Streckenvorschlag ist am Boden gut sichtbar eingezeichnet. Wir folgen.
Gleich macht es viel mehr Spaß, die Farbmuster unter uns zu beobachten. Und zu fotografieren.
Inzwischen sind wir mitten über dem Ries. Herkheim war einmal das Heim des Franken Herich. Heute, 1000 Jahre später, gibt es dort 370 Einwohner. Und viel Holz.
Außerdem gehört der Ort seit einiger Zeit zu Nördlingen. Der kreisrunde Ziegelfarbklecks ist immer wieder malerisch. Sogar ein römisches Kastell hatten die Nördlinger seinerzeit. Das hatte aber dem Ansturm der Alemannen nicht standgehalten. Ist aber auch besser so, sonst hieße die Stadt vielleicht heute noch Septemiacum. Und Septemiacummer Ries hört sich echt doof an.
Das Wetter wird immer besser, wir fliegen weiter.
Auch Wallerstein hat einen Mädchennamen. Der Ort wurde als Steinheim irgendwann im Mittelalter gegründet. Im 15. Jahrhundert war der Herrschaft der Name nicht mehr gut genug, und schwupps, seitdem heißt er Wallerstein. Erst mit dem Rheinbund kam der Ort zu Bayern.
Die Schauerwolken haben sich verzogen, die verbliebenen Wölkchen bauen Rätselbilder.
Die Gegend hier ist reich an malerischen Städtchen. Dinkelsbühl. Hier trafen sich die Niebelungenstraße und der Romweg. Damals gab es wahrscheinlich regelmäßig Ärger. Deshalb Mauern, Schießscharten und Türme. Heute liegt die Stadt an der Romantischen Straße. Das könnte eigentlich auch ein gutes Reisemotto sein. Romantik, wir kommen.
Das wasserhaltige Wetter hat wahrscheinlich die meisten Luftwanderer vergrault. Doch halt, hier piept das FLARM. Verkehr in Sicht.
Auch Feuchtwangen liegt an der Romantischen Straße. Im Laufe der Jahre brachte es die Stadt zu so viel Wohlstand, daß sie immer mal wieder vom Kaiser verpfändet wurde. Dem armen Manne gelang es nach 1376 nicht mehr, den Pfand auszulösen. Ich hab keine Ahnung, in welchem Pfandhaus seine kaiserliche Hoheit damals den Rathausschlüssel abgegeben hatte und welche Summe er sich geborgt hat. Wär schon reizvoll, so ein kleines Städtchen zu kaufen ...
Die Sache mit der Romantik kommt bei meiner Lieblingsflugbegleiterin hervorragend an. Also suchen wir die Romantische Straße. Erst einmal verringern wir zum Suchen die Flughöhe.
Das isse nich. Tönt es aus dem Kopfhörer. Hätte ja sein können.
Wenn wir hier landen, haben wir eine Chance sie zu finden.
Für manchen ist die kleine Stadt der Inbegriff der Romantik. Und in den „Deutschland“-Reiseführern in der ganzen Welt scheint sie auch ganz vorn zu stehen.
Aus fliegerischer Sicht ist EDFR ebenfalls eine Empfehlung. Eine unendlich lange Hartpiste. Abstellmöglichkeiten. Auch an Wochentagen ist fast immer jemand am Platz. Und eine wirklich empfehlenswerte Gaststätte.
Um unser Glück vollkommen zu machen, gab es Leihfahrräder und eine Wegebeschreibung zu einem empfehlenswerten Hotel. 15 Radelminuten und wir wären im Mittelalter...
Das empfohlene Hotel haben wir aber leider nicht gefunden. Was kein Beinbruch ist, weil die ganze Stadt ist im Prinzip ein einziges Hotel. Und ein Haus, was gerade mal kein Hotel ist, ist gewiß ein Andenkengeschäft oder ein uriges Restaurant. Wir fragen bei einem ziemlich mittelalterlich ausschauenden Haus und bekommen prompt ein Zimmer. Dann stürzen wir uns in die Romantik. Was immer das ist.
Wir beobachten fernöstliche Reisende bei ihren rituellen Handlungen, bewundern ein Thermikanzeigegerät in voller Action, nehmen Sonderangebote staunend zur Kenntnis, machen auch all die kitschigen Tourifotos, treiben auch sonst noch allerlei Unsinn und fallen nach einem wirklich romantischen Abendessen ins Bett.
Der folgende Tag soll uns weiter nach Norden bringen. Ob es genau so romantisch weitergeht, ob Wasser und Wein gut zusammenpassen?